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Open Beta: Hatred, Kane und Lynch – Teil 2

· 5 Minuten Lesezeit

In Open Beta öffnen wir M10Z für eure Gastbeiträge. Kurze Gedankenblitze, lange Kolumnen, Spielkritiken, … alles kann, nichts muss.

Dies ist der zweite von vier Teilen in denen Thomas Hainscho in die Abgründe digitaler Gewalt eintaucht.

Ein Gastbeitrag von: Thomas Hainscho.

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Nach Hatred haben Destructive Creations drei weitere, eigene Spiele veröffentlicht: IS Defense (2016), Ancestors Legacy (2018) und War Mongrels (2021). Ich kenne kein Spiel davon. Es war nicht schwierig, diese Liste zu schreiben, aber es ist eigenartig, dass man sie nicht einfach auf Wikipedia nachlesen kann. Es gibt keine Wikipediaseite zu Destructive Creations, auch nicht auf Polnisch, und soweit ich das verstanden habe, auch keine archivierte Löschdiskussion. Es gibt noch keine Wikipediaseite zu Destructive Creations. Ich klicke mich durch den YouTube-Kanal von Destructive Creations und schau mir Videos zu War Mongrels, „an isometric real-time tactics game that takes place on the eastern front of World War II“, an. Es gibt eine Playlist mit dem Titel War Mongrels - War Diaries; der Titel ist mir nicht geheuer, ich klicke wahllos auf ein Video. Eine übertrieben US-amerikanische Männerstimme erzählt vom Krieg, während authentische Filmaufnahmen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs gezeigt werden. Aus dem Text von War Mongrels - War Diaries - Part 1 (short) geht hervor, dass eine fiktive Figur erzählt, die Männerstimme sagt, „You must have heard about the Holocaust“, und fragt ein paar Sätze später: „But what do you know about what I saw with my own eyes?“ Wer spricht hier? Ich schaue mir alle Videos an, aber verstehe es nicht. Die Videos legen einen inhaltlichen Schwerpunkt auf Polen (ganz klar in den Videos 4, 6, 7 und 8), und die Männerstimme betont immer wieder, dass viele Einschätzungen über die historischen Ereignisse von western pop-culture oder Propaganda verzerrt seien. In Video 7 wird in kritischer Distanz von der „so-called Liberation Red Army“ gesprochen und in Video 9 stehen zumindest in den Untertiteln Anführungszeichen, wenn erzählt wird, Eichmann contributed to the clarfication of the details of the “final solution” plan at the famous Nazi conference in Wannsee. Aber es ist mir trotzdem unklar, warum die Wannseekonferenz zum Beispiel als famous ausgezeichnet wird. Nur im Video Part 1 (short) spricht der Erzähler von sich in der ersten Person. Sind das fiktive Tagebücher, war diaries, aus denen vorgelesen wird oder nicht? Die Videos wurden in Kooperation mit HOLE-Films, einer polnischen Filmfirma, hergestellt. In der Liste der Customers auf der Firmenwebsite von HOLE-Films werden Destructive Creations nicht genannt. Der Text-Bild-Zusammenhang in den Videos ist vollkommen daneben. Es geht um den Krieg, die „Ostfront“, und dazu werden Archivaufnahmen aus Konzentrationslagern gezeigt, die ich teilweise aus Nuit et Brouillard von Alain Resnais kenne. Ich will diese Bilder nicht beschreiben. Was für ein Mensch bewirbt das eigene Computerspiel mit Archivaufnahmen aus Konzentrationslagern? In Video 11 (nicht gelistet) werden Archivaufnahmen der Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki gezeigt, die ich aus dem Spielfilm Hiroshima, mon amour, auch von Resnais, kenne. Wer tut so etwas? Ich finde diese pseudo-dokumentarische Promotion widerlich. Abgesehen von den ersten beiden Videos der War Diaries mit rund 8.000 Aufrufen haben die anderen Videos niedrige vierstellige Aufrufzahlen, die nicht-gelisteten Videos 10 und 11 haben weniger als hundert Aufrufe. Vielleicht interessiert sich niemand dafür, aber noch einmal: es ist widerlich.

Jemand schreibt bei Video 9, How many Jews does a truck cost? (die Videos 1–5 heißen nur War Mongrels - War Diaries - Part sowieso, die Videos 6–11 haben zusätzlich noch einen Titel, auch das ist seltsam), als Kommentar „Why is this company is so strange“ und ich frage mich das auch. Ich suche im Internet nach Antworten. Im September 2021 hat die Initiative Keinen Pixel dem Faschismus! (ich kenne diese Initiative nicht, auf der Website keinenpixel.de wird angeführt, wer daran beteiligt ist, aber die Liste von „Webseiten, Medienschaffenden, Forschungskollektiven und Entwicklerstudios aus der Computerspielekultur“ bleibt für mich gesichtslos) ein Dossier veröffentlicht: „Destructive Creations: Zwischen Neo-Faschismus, Neuheidentum, Antisemitismus und antimuslimischem Rassismus“, oh dear. Ich finde das Dossier etwas bemüht – es wird mit Screenshots gezeigt & erklärt, welche Social-Media-Posts Zieliński & die Leute von Destructive Creations liken, naja – aber kann es empfehlen und möchte es empfehlen. Destructive Creations haben gamestar.de auf Anfrage nach einer Stellungnahme zu diesem Dossier eine vollkommen nichtssagende Antwort geschickt (siehe der Artikel „Rassismus, Islamhass, Transphobie: Das Studio Destructive Creations und die rechte Szene“ vom 29. September 2021 auf gamestar.de):

The level of arrogance, ignorance, and nonsense on that blog is off the scale. As such, we'll not comment in detail, but we'll continue to fight for our rights through a legal route, despite being an underdog, small studio.

Destructive Creations distanzieren sich nicht vom Nationalsozialismus (was sie sollten), bekennen sich nicht dazu, halt polnische right-winged nationalists zu sein (was ich unsympathisch finde, aber sie wohl sein dürfen), sondern eiern mit irgendeinem Scheißdreck über being an underdog herum, was überhaupt nichts sagt. Mir ist das Studio mehr oder weniger egal. Es geht mir immer noch schlecht und ich bemerke, wie die Recherche ablenkt, mich vom Elend, und den Text von Hatred.

Zum nächsten Teil.